Titel: Foundation-Trilogie
Autor: Isaac Asimov
Verlag: Heyne
Seitenzahl: 864 Seiten (inklusive Nachwort: 880 Seiten)
Genre: Science-Fiction
Klappentext
Wie einst das Römische Reich steht das Galaktische Imperium kurz vor dem Zerfall. Doch der Psychohistoriker Hari Seldon ersinnt einen atemberaubenden Plan, um die Menschheit durch das kommende „Dunkle Zeitalter“ zu lenken…
Langrezension
Vorab eine Information: Die Geschichte ist ursprünglich in drei Teilen, damals als Kurzgeschichten, entstanden. Seit vielen Jahren werden die drei Teile in aller Regel gebündelt in einem Buch herausgegeben, deshalb rezensiere ich sie hier auch zusammen.
Rahmenhandlung
Die Geschichte spielt im 12. Jahrtausend. Die Menschheit hat inzwischen die gesamte Galaxis besiedelt, regiert wird sie zentral von einem Kaiser (dessen Person aufgrund von Intrigen und Machtspielen gerne mal wechselt). Das Galaktische Imperium ist in jeder Hinsicht das Maß aller Dinge. Jedoch hat das Imperium ein Ablaufdatum, wie Hari Seldon herausfindet. Er hat die Wissenschaft der Psychohistorik maßgeblich weiterentwickelt. Mithilfe dieser Form der Mathematik lässt sich das wahrscheinliche Verhalten von großen Mengen an Menschen (mindestens die Bevölkerung eines Planeten) vorhersagen. Und so gibt es für Seldon keinen Zweifel, dass das Galaktische Imperium in den nächsten Jahrhunderten untergeht und eine Phase von etwa 30.000 Jahren folgt, in denen Anarchie herrscht und die Menschheit das meiste ihres Wissens einbüßt.
Er beschließt, mithilfe von 100.000 Wissenschaftlern, die Foundation zu gründen. Ihr offenkundiges Ziel ist es, das Wissen der Menschheit zu zentralisieren (und zwar abseits des sterbenden Imperiums) und es so für die kommenden Generationen zu bewahren. Denn Seldons Berechnungen zeigen: Der Untergang kann zwar nicht mehr verhindert werden, die dunkle Phase bis zu einem neuen Galaktischen Imperium aber auf etwa 1000 Jahre verkürzt werden.
Der Kaiser ist nicht angetan von den vermeintlich aufrührerischen Plänen des Wissenschaftlers, lässt ihn jedoch mit seinen Leuten gewähren – am buchstäblichen Ende der Galaxis. Also siedelt die Foundation dorthin um.
In den kommenden Dekaden entwickelt sich die dortige Gesellschaft weiter und sieht sich immer wieder großen, existenzbedrohenden Krisen, sogenannten Seldon-Krisen, gegenüber. Sie tragen ihren Namen daher, dass eine holografische Projektion des alten Meisters am jeweiligen Jahrestag der Besiedlung des Planeten Terminus, der Heimat der Foundation, den Menschen Hinweise gibt, wie diese Krise zu meistern ist – oder wie es weitergehen kann. Und so wächst und gedeiht die Foundation, auch wenn es keine Psychohistoriker mehr gibt. Aber umso weiter die Zeit voranschreitet, umso größer ist die Chance von Abweichungen in den Berechnungen Seldons…
Hintergrund
Bevor ich die Geschichte bewerten kann, ist es wichtig, sich den Rahmen, in dem die Geschichte entstanden ist, klarzumachen. Geschrieben hat sie Isaac Asimov, der heute als einer der Begründer der modernen Science-Fiction gilt. Wenn ihr schon einmal ein modernes Buch gelesen, einen Film oder eine Serie gesehen habt, in denen Künstliche Intelligenzen (KI) oder denkende Roboter vorkommen, habt ihr auch Asimovs Einfluss gesehen: Er hat die sogenannten Roboter-Gesetze entwickelt, nach denen praktisch alle modernen Darstellungen der mechanischen Wesen handeln.
Die Foundation-Trilogie ist in Form von Kurzgeschichten zwischen 1951 und 1953 in New York entstanden. Im Laufe der Jahre wurde aus der Trilogie ein Zyklus, der insgesamt 20.000 Jahre umfasst, das war zum Zeitpunkt der Entstehung der Trilogie aber noch nicht absehbar. Vielmehr hatte Asimov die Geschichte für das Science-Fiction-Magazin erdacht, für das er damals schrieb. Sein Verleger ermunterte ihn, die Geschichten als eigene Bücher herauszubringen.
Inhalt
Dieses Vorwissen ist wichtig, denn beim Lesen der gebündelten Trilogie fallen drei Dinge auf. Vor allem am Anfang wird die bisherige Entwicklung gerne nochmal kurz zusammengefasst. Das muss man sich vorstellen, wie bei einer Fernsehserie, bei der nach der Werbung nochmal ein paar Sekunden von davor gezeigt werden, damit man zwischen Milchschnitte und Eis.de nicht vergessen hat, was passiert ist. Die Zusammenfassungen sind nie lang (selbst ganz am Ende nimmt das kaum zwei Seiten ein) und kommen jetzt auch nicht sooo wahnsinnig oft vor, aber es fällt schon auf, wenn zum Beispiel zwei Menschen, die sich schon Jahre kennen, sich auf einmal gegenseitig die Geschichte ihrer Heimat in Erinnerung rufen, die Allgemeingut sein dürfte.
Das war der erste Punkt, der auffällt. Zu den anderen komme ich später.
Insgesamt ist die Geschichte ein Epos, man muss es so sagen. Sie zieht durch die Jahre, Jahrzehnte und letztendlich auch durch die Jahrhunderte, hält sich bei den Figuren gerade so lange auf, wie sie für die Geschichte relevant sind, und verliert dabei nie die große, ganze Geschichte aus den Augen: wie die Foundation sich in der Aufgabe schlägt, ein neues Galaktisches Imperium auf den Weg zu bringen.
Gleichzeitig ist die Geschichte leicht erkennbar der Vater (oder die Mutter) vieler späterer Science-Fiction-Ideen. Da gibt es den Hyperraumantrieb, die holografischen Darstellungen oder verschiedenste Technologien, um andere Erfindungen zu blockieren.
Die Beschreibung Trantors, des Hauptplaneten des Galaktischen Imperiums, ist schon gewaltig. Von diesem Planeten aus werden Millionen besiedelter Planeten gelenkt; er ist ausschließlich für die Bürokratie da. Mehrere landwirtschaftliche Planeten versorgen die Bevölkerung, die in einer einzigen großen, zusammenhängenden Stadt lebt. Die komplette Oberfläche ist versiegelt, die Sonne kann man nur noch von Aussichtsposten aus sehen – etwas, worauf die meisten Bewohner gut verzichten können. Diese Darstellung und ausführliche, aber nicht langatmige Erläuterung ist schon stark und sicherlich auch wegweisend gewesen.
Trotzdem ist die Story nicht ausschließlich Science-Fiction. Vor allem in den ersten Dekaden der Foundation ist die Gesellschaft kaum mehr als eine Gruppe von isolierten Wissenschaftlern und deren Angehörigen, die sich einer zunehmend feindlichen Umgebung gegenübersehen. Denn auch, wenn das Imperium selbst erst Jahrhunderte später stirbt, an den Rändern löst es sich bedeutend früher auf. Und weil die Gruppe zwar mit dem Wissen des Imperiums ausgestattet ist, aber weder die nummerische noch die tatsächlich physisch vorhandene Überlegenheit gegenüber den Feinden besitzt, müssen die Anführer klug vorgehen. Das nimmt teilweise Züge wie in einem extrem durchdachten Krimi an. Später, wenn man die Denke verstanden hat, kann man vielleicht die eine oder andere Wendung voraussehen, aber trotzdem vermag die Geschichte zu überraschen. Und unterhält in diesem Aspekt immer blendend. Auch, weil sich die Probleme weiterentwickeln, fast im Gleichschritt zur Foundation selbst.
Charaktere
Wie oben erwähnt, sind die Charaktere nur Mittel zum Zweck. Es sind tolle, spannende Figuren dabei, andere sind langweilig, wiederum andere sehr unsympathisch, aber sie alle bilden eben nur einen Teil der Erzählung. Deshalb ist auch kein Charakter vor einem schlimmen Ende sicher. Ebenso verändern sich die Prinzipien der Figuren. Ist ein zeitweiser Protagonist ein Vollblutwissenschaftler, kann der nächste (oder übernächste) ein Händler sein, dem ideologische Werte oder der große Seldon-Plan relativ egal sind. Es ist natürlich nicht förderlich für die Bindung, aber durchaus erfrischend, die Figuren dann und wann mal auszutauschen. Obwohl ich einige gerne behalten hätte.
Der Vollständigkeit halber muss ich hier mal einen Spoiler einschieben. Im nächsten Kapitel geht’s wieder spoilerfrei weiter.
Eine Figur, die sich (und ihr direktes Andenken) länger hält, ist das Maultier. Das ist natürlich nur ein Spitzname, sein echter Name ist nicht bekannt. Er ist ein Mutant und hat die Fähigkeit, die Emotionen von Menschen zu erkennen und zu kontrollieren. Ganz praktisch gesehen, hat er die Möglichkeit, Leute damit hörig zu machen. Das kann leicht abgedrehte Züge annehmen, hält aber gerade noch so die Grenze, finde ich. Es gibt noch eine Zweite Foundation, die sich – entgegen der Ersten – mit rein psychologischen Themen beschäftigt, allem voran die Psychohistorik.
Sie entwickeln fast eine Art Telepathie, um sich zu verständigen, allerdings legt Asimov wert drauf, dass es keine ist. Vielmehr haben sie das Lesen von Körpersprache perfektioniert und können sich durch kleinste Gesten verständigen. Trotzdem haben sie große psychische Kraft, es kommt auch zu einem kleinen Duell mit dem Maultier. Das ist die angesprochene Grenze, wo sich die Geschichte fast auf ein mystisches Level bewegt. Doch es ist in sich stimmig, wird hier und da durch Erklärungen abgefedert, und insofern ist es auch in Ordnung. Die Figur des Maultiers selbst ist übrigens sehr schwer zu greifen, auch als Leser. Er wirkt nicht besonders sympathisch und hat einen ausgeprägten Rachekomplex, ansonsten ist es nicht leicht, seinen Charakter zu beschreiben.
Frauenbild
Daran anknüpfend, muss ich auf einen Punkt zu sprechen kommen, mit dem ich ein bisschen hadere. Es gibt so gut wie keine Frauen in der Geschichte. Oder, wenn ich es positiv formulieren wollte: Es wird dabei eindeutig auf Qualität denn auf Quantität gesetzt.
Insgesamt gibt es nur zwei wirklich relevante Frauen in der Geschichte – dem gegenüber stehen grob geschätzt zwei Dutzend Männer mit mehr oder weniger wichtiger Rolle. Dazu kommen noch zwei als Nebencharaktere nicht unwichtige weibliche Figuren und eine kleine Handvoll an Frauen, die eigentlich nur zur Ausgestaltung der bedrückenden Stimmung in einer Szene gedacht sind. Überhaupt ist bis zu Seite 223 (der erste Auftritt einer Frau) der einzige und durchaus sehr magere Hinweis darauf, dass die Menschheit in der fernen Zukunft nicht ausschließlich aus Männern besteht, der, dass davon gesprochen wird, dass mit Hari Seldon Familien reisen. Ich weiß, Familien können auch anders aussehen, aber denkt dran, wann die Geschichte geschrieben wurde.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die beiden für die Erzählung relevanten Frauen wirklich unfassbar wichtig sind, vor allem die erste. Ich würde sagen, dass sie mit einer Tat zu den fünf wichtigsten Personen im ganzen Buch gehört. Das wird übrigens auch von der Foundation so gewertet und geschätzt. Die zweite genannte Frau – oder eher das Mädchen – ist die Enkelin der ersten wichtigen weiblichen Figur und steht ihrer Großmutter nur ein wenig nach. Vor allem aber zeichnet sie sich durch Klug- und Gewitztheit aus, ist selbstbewusst und -bestimmt; insbesondere für die Entstehungszeit der Erzählung keine Selbstverständlichkeit.
Umso trauriger machen dann solche Aussagen (für den Kontext: Besagtes Mädchen, Arcadia, ist kurz davor, die Mätresse eines mächtigen Herrschers einer anderen Welt zu treffen):
„Sie sollte von Angesicht zu Angesicht mit seiner Mätresse sprechen. Im Geist schrieb Arcadia das Wort in Blockschrift, weil sie wusste, welche Rolle solche Frauen in der Geschichte gespielt hatten, welcher Glanz sie umgab und welche Macht sie besaßen. Sie hatte sich oft vorgestellt, selbst so ein allmächtiges, glitzerndes Wesen zu sein, aber irgendwie waren Mätressen in der Foundation gerade nicht in Mode. Und wenn sie trotzdem eine werden könnte, würde ihr Vater es wahrscheinlich nicht erlauben.“
S. 752
Zugegeben, Arcadia hat große machtpolitische Ziele, aber dass ihre Vorstellung damit endet, die Frau eines Herrschers zu sein, anstatt selbst an der Spitze zu stehen, macht irgendwie traurig. Dazu kommt, dass die wenigen Frauen in dem Buch entweder Mätresse, Spionin oder Fabrikarbeiterin zur Zeit einer Belagerung sind. Gleichwertige Jobs sind da Fehlanzeige.
Trotzdem muss man auch hier die zeitlichen Umstände der Entstehung sehen. Frauen übten damals in der Regel keine höheren beruflichen Tätigkeiten aus. Insofern ist die Darstellung der besagten wichtigen Frauen fast schon fortschrittlich. Aber eben auch nur fast.
Fehler
Wo wir gerade schon bei Kritik sind, mache ich damit gleich mal weiter, und wieder verweise ich auf die Entstehungsgeschichte. Dieses Mal geht es mir um die Tatsache, dass sie über Jahre hinweg als Kurzgeschichten erschienen ist. Denn es gibt Dinge – Kleinigkeiten –, die sich im Laufe des Buches verändern. Auffälligstes Beispiel für mich war die Bevölkerungszahl von Trantor, dem Hauptplaneten des Galaktischen Imperiums. Sind es am Anfang noch 40 Milliarden, wird später von 400 Milliarden gesprochen. Das erscheint mir doch etwas viel.
In meiner Version der Geschichte gibt es ein schönes Nachwort von Sascha Mamczak, unter anderem zuständig für das gesamte Fantasy-, Mystery- und Science-Fiction-Programm des Heyne Verlags. Er erzählt – ebenfalls durchaus kritisch – noch ein bisschen zu Hintergründen und Fehlern, führt da aber auch exemplarisch das Trantor-Beispiel an. Es ist also wirklich nichts Großes, das durch die lange zeitliche Entwicklung schiefgelaufen ist. Was ich dagegen irritierender fand und ausnahmsweise nichts mit den Umständen der Entstehung zu tun hat, sind Redewendungen oder Begrifflichkeiten, die so sehr mit der Erde verbunden sind, dass ich nicht glaube, dass sie so lange in der gesamten Galaxie überdauern. Zumal die Menschheit vergessen hat, dass sie von der Erde stammt. Als Beispiel: Es wird zweimal ein Don-Quichotte-Vergleich gezogen (Seite 317 und 725).
Überholtes
Es bleibt natürlich bei einer Geschichte aus den 1950er Jahren nicht aus, dass einige Dinge – abseits vom Frauenbild – aus heutiger Sicht ein bisschen antiquiert wirken. Da sind die andauernd und stetig rauchenden Leute, da ist die Tatsache, dass es die Vorstellung des Internet nicht gibt – immerhin müssen die Forscher das Wissen des Imperiums selbst zusammentragen, da es sonst mit dem Untergang des galaktisches Staates mit verschwinden würde. Vor allem ist da aber eine gewisse Fixierung auf Atomkraft. Sie gilt als das Nonplusultra; rückständigere Kulturen nutzen fossile Brennstoffe, aber wer Atomkraft hat, hat die Macht. Eine weiterentwickelte Energieform gibt es nicht. Das hängt auch wieder mit den Entstehungsumständen zusammen (ich hör gleich auf, das andauernd zu erwähnen, versprochen). Der Verleger Asimovs war wohl ein ziemlicher Atomnarr und hat ihn ein Stück weit damit angesteckt.
Das trägt dann auch so witzige Blüte wie atombetriebene Aschenbecher. Wer kann, der kann eben.
Aber die Geschichte wirkt meiner Meinung nach dennoch nicht verstaubt. Dafür gibt es doch genug „Zukunftszeug“. Und die spannende Geschichte selbst ist sowieso weitgehend zeitlos.
Stil
Aber jetzt habe ich auch genug gemeckert. Ich möchte noch ausdrücklich den Stil des Buches loben, der ist nämlich wirklich abwechslungsreich und macht es dadurch nochmal interessanter. Da gibt es die „normale“ Beschreibung, Präteritum, dritte Person. Später wird für kurze Zeit ins Präsens gewechselt, zur Erläuterung gibt es kurze „Lexikon“-Einträge aus der Encyclopaedia Galactica – das Werk, das die Wissenschaftler der Foundation zusammenstellen sollen, jedenfalls wird das angedeutet. Es gibt Passagen, in denen sich der Erzähler direkt an die Leserschaft wendet und Dinge als auktorialer Erzähler einordnet. Und Arcadias Part, man hat es vielleicht bei dem Zitat oben im Ansatz gesehen, ist ein bisschen mehr wie eine jüngere Erzählerin geschrieben. Sehr erfrischend, immer passend, wie ich fand.
Fazit
Es gäbe noch viel mehr zu dem Werk zu erzählen, aber ich denke, das Wichtigste habe ich hier erwähnt. Es ist, wie anfangs gesagt, wirklich ein Epos, und man muss es als solches verstehen und Lust darauf haben. Dann aber, gerade mit einem gewissen Herz für Science-Fiction, kann das Buch wirklich mitreißen. Über die Fehler konnte ich allesamt ganz gut wegsehen (obwohl mehr Frauen tatsächlich schön gewesen wären – ich glaube nicht, dass sich die Menschheit über die ganze Galaxis ausbreiten kann, ohne alle Geschlechter gleich zu behandeln), gleichzeitig war ich überrascht, wie weit diese Geschichte ist, verbunden mit dem heutigen State of the art in Sachen Science-Fiction. Ich kann es sehr empfehlen und werde sicherlich weitere Teile des Zyklus reden – Asimov war fleißig, andere Autoren sind auf das geschaffene Universum aufgesprungen. 4 von 5 Sternen.