Ewig – Die letzte Kaiserin

Titel: Ewig – Die letzte Kaiserin
Autorin: Rahvea
Verlag: Selbstverlag
Seitenzahl: 375
Erstveröffentlichung: 7. November 2022

Genre: Fantasy

Klappentext

In der Zeit der größten Not wird die Göttin Iéna wiedergeboren, um die Völker der Welt zu schützen …

Die junge Kaiserin Allegora wird als Wiedergeburt der letzten Göttin verehrt und herrscht über die Weiße Stadt und den Kontinent Achistre. Doch ihr Reich ist in Aufruhr, und sie beginnt an der moralischen Erhabenheit ihres Volkes, der Illa, zu zweifeln. Als zwei ihrer Gesandten verschwinden, ist die junge Kaiserin zum Handeln gezwungen, um einen Krieg zu verhindern. Dazu muss sie den ihr feindselig gesinnten Elfenkönig Nymahr Rhen und den berechnenden Dwarin-König Orin überzeugen. Doch damit steht Allegora vor einer scheinbar unmöglichen Aufgabe, während die beiden Könige ihrem Geheimnis gefährlich nahe kommen, denn Allegora ist eine Betrügerin.

Langrezi

Ab hier folgen Spoiler!

Wir begleiten Kaiserin Allegora auf ihrem Weg, gleich mehrere Probleme zu lösen. Zum einen erfährt sie, dass sie und ihre Rasse, die Illa, nicht so geliebt werden, wie sie bislang dachte. Zum anderen sind die Illa-Gesandten bei den Völkern der Elfen und der Dwarins verschwunden; falsches Handeln könnte einen Krieg auslösen. Was spannend klingt, konnte mich auch irgendwie fesseln – die Figuren, allen voran Allegora, haben da aber definitiv keinen Anteil dran.

Die Welt ist ganz interessant: Mutmaßlich in einer fernen Zukunft, nachdem die Menschheit fast untergegangen wäre, haben sich verschiedene Völker entwickelt.

Figuren

Die Illa sind die mächtigsten Wesen: Sie können die Magie, die es gibt, nutzen. Das ist auch einzelnen Vertretern der anderen Parteien möglich, allerdings gibt es bei den Illa weniger Magiebegabte. Die entstehen eigentlich nur, wenn ein Elternteil aus einem anderen Volk stammt. Aufgrund ihrer Macht herrschen die Illa in Form einer Kaiserin, der Legende nach die Wiedergeburt ihrer Göttin, auch über die anderen Völker.

Dann gibt es die Elfen/Elen. Wo der Unterschied zwsischen Elfen und Elen liegt, wird eher angedeutet: Offensichtlich sind Elen die früheren Elfen, bevor sie verweichtlicht sind. Der König der Elfen, Nymhar Rhen, ist natürlich noch ein Elen, wenn auch der letzte. Die Elfen leben in Wäldern, zusammen mit bösartigen Bäumen, den Ents. Die Elen haben zudem eine Aura, die jeden, der ihr zu nahe kommt, in Angst, bis hin zu Panik, versetzt.


Das dritte Volk ist das der Dwarins – Zwerge. Da ich bei dem Namen sowieso immer “Dwarfs”, also englisch für “Zwerg”, gelesen habe, bin ich dabei im Kopf geblieben. Denn das Volk ist so generisch zu Zwergen in anderen Fantasy-Romanen, dass es schon erschreckend ist. Abgesehen von der Tatsache, dass sie gerne Apparaturen (kleine und größere Maschinen) bauen, könnte man diese Zwergenbeschreibung als Beispiel ins Lexikon kleben: Sie sind klein, eher hässlich (sowas betont Allegora immer gerne, umgekehrt auch, wenn andere schön sind), die Männer haben Bärte, sie leben in Bergen und bauen Mineralien und Leuchsteine (u.a. die Energiequelle für die Apparaturen) ab, sind allgemein etwas verschlossen und kämpfen insgesamt gerne. Der König, Orin, übt sich die meiste Zeit noch in Diplomatie, als er und Nymahr aber von den Illa festgehalten werden, fällt auch das weg.

Protagonistin und Ich-Erzählerin

Trotzdem hat das Buch Potenzial, eine interessante Fantasy-Geschichte zu liefern. Und die gibt es auch, die oben beschriebenen Grundkonflikte sind nicht schlecht.

Nur leider ist Allegora nicht nur die Protagonistin, sondern auch die Ich-Erzählerin. Um zu verstehen, was mich am meisten an ihr genervt hat, muss ich kurz in die Geschichte der Illa abtauchen: Das Volk lebt sehr lange und hat es sich zum obersten Ziel gesetzt, keine Gefühle zu haben oder sie zumindest nicht zu zeigen. Nun ist Allegora erst seit etwas mehr als 20 Jahren in der Ausbildung, aber was sie da eigentlich gemacht hat, bleibt offen.
– Sie hat kaum Kontrolle über ihre Gefühle. Alles schockiert sie oder erwischt sie auf dem falschen Fuß, immer wieder lächelt oder lacht sie auch oder antwortet etwas “kokett” (Seite 153). Außerdem geht sie davon aus, dass sie eine Betrügerin ist, weil sie sich nicht wie die Wiedergeburt einer Göttin fühlt und damit ja keinen Anspruch auf den Titel der Kaiserin hat. Das ist ein Konflikt, dem man auch als gefühlloser Illa sehr gerne nachgehen darf, aber was sie da macht, ist schon Wahnsinn. Seitenlang wälzt sie sich in Selbstmitleid. Dann erinnert sie sich wieder, dass sie sich zusammenreißen muss (ja) und die Aufgabe, vor der sie gerade steht, gar nicht so schlimm ist (!). Und kurz darauf geht es weiter mit dem Selbstmitleid. Ein Beispiel dafür, was für Torturen Allegora da ausstehen muss (Seite 152): Obwohl es ihr nicht so gut geht, lässt sie sich anbeten und entscheidet über die Bittgesuche von Leuten, die tagelang, teilweise ohne Nahrung, vor ihrem Palast warteten, um ihre Anliegen vorzubringen. Allegora ist wirklich der Beweis, dass nicht alle Helden Capes tragen…

– Sie weiß, wenn die Geschichte so richtig losgeht, ungefähr so viel über die anderen Völker wie ich. Das führt dazu, dass sie nächtelang Bücher wälzen muss, um sich erst einmal Wissen anzueignen. Erinnert an die eine oder andere Klausurvorbereitung? Klappt zuweilen auch in etwa so gut.

– Allegora hat eine grundsätzlich andere Auffassung vom Regieren als ihr Berater und Ziehvater, Orias al Illair. Dazu muss man sagen, dass sie zum Zeitpunkt der Geschichte das erste Mal wirklich selbst regiert, vorher haben ihre Berater – allen voran besagter Orias – das gemacht. Ein anderer Stil ist nicht schlecht, aber bei den ersten politischen Gehversuchen direkt eine Linie zu fahren, die sich komplett von der ihres wichtigsten Lehrers unterscheidet, ist schon bemerkenswert.

Zusammenfassend kann man Allegora gut mit einem Vergleich beschreiben, falls jemand Star Trek: Discovery gesehen hat: Sie verhält sich zunehmend wie Michael Burnham, und das ist kein Kompliment.

Nebenfiguren

Die anderen Figuren sind schneller abgehandelt, weil ziemlich blass: Orias‘ Verhalten schreit schon ziemlich früh nach “ich bin der Böse, und ich will die Macht”. Das bemerkt Allegora jedoch nicht wirklich. Der zweite Berater, Uhlen, ist ein Mensch. Ich dachte erst, dass er Orias‘ Gehilfe ist, aber er scheint einfach nur da zu sein.

Zu ihrem dritten Berater, Meander, muss ich jedoch noch mal ein paar Worte mehr verlieren. Er wird der Gott der Träume genannt, was wohl eine Bezeichnung für Menschen ist, die eine bestimmte Magie besonders gut können. Ich finde Gott der Übergriffigkeit dagegen mindestens genauso passender. Meander ist in der realen Welt blind und stumm, sein Reich sind die Träume. Er kann sich Träume von anderen Wesen ansehen, so, dass der Träumende es mitbekommt, oder eben nicht. Er kann sie auch manipulieren (aber zum Glück tut er das nie!, Seite 73) und die Gedanken des Träumenden innerhalb des Traumes lesen. Das ist ein ziemliches Bündel an Macht, das er, meiner Meinung nach, auch ausnutzt. So kennt er von frühester Kindheit an alle von Allegoras Gedanken, denn er hängt regelmäßig in ihren Träumen herum. Eigentlich nimmt er auch niemanden mit in fremde Leuts Träume, aber wenn man ihm nur genug droht oder, in Allegoras Fall, traurig ist, kippt er die Regel auch schon mal.

Die beiden sind übrigens nur beste Freunde, deswegen hat Allegora auch kein Problem damit, aber ich finde das beängstigend übergriffig. Und die Tatsache, dass die Kaiserin das von Kindesbeinen auf kennt, macht es noch schlimmer. Natürlich muss nachher noch aufgedeckt werden, dass Meander mehr von ihr will. Das macht die Sache ebenfalls nicht besser.

Ein interessanter Punkt bei Allegora ist übrigens, dass sie Angst vor Berührungen hat, telepathische Kommunikation über Berührungen aber besser klappt. Nun könnte man meinen, dass ihr bester Freund, der das genau weiß, behutsam mit dem Anfassen umgeht und es nur nutzt, wenn es wichtig ist. Weiterer Spoiler: nö.

Der Bad Boy

Nymahr ist der Prototyp eines Bad Boys aus YA-Romanen. Hart und unbeugsam, aber eigentlich auch sehr empfindsam, wenn es um sein Volk geht und bereit, sich für sie auf den Boden zu werfen und zu flehen (Seite 351). Wenn er Allegoras Angst vor Berührung durch eine zärtliche Nacht geheilt hätte, hätte mich das nicht gewundert. Aber vielleicht erwartet uns das noch später in der Geschichte.

Positives

Ansonsten ist das Buch hier und da erfrischend blutig, man muss Allegora zugutehalten, dass sie auch selbst mal Hand anlegt, wenn es darum geht, Böse plattzumachen. Ein bisschen Gesellschaftskritik findet sich auch, denn diejenigen Illa, deren Eltern nicht beide aus diesem Volk stammen, werden als sogenannte Graue wie Illa zweiter Klasse behandelt.
Leider gibt es auch recht viele Fehler im Buch. Nichts Gravierendes, die meisten wirken wie Flüchtigkeitsfehler, aber sie häufen sich, über den ganzen Roman gesehen, extrem. Auch ist die Erzählweise sicher nicht für alle etwas: Die Grundstory ist weitgehend chronologisch, allerdings gibt es immer wieder eingeschobene Erklärungen über Wesen oder Grundsätzliches in dieser Welt, zudem geben andere Kapitel auch einen Einblick in die andere Figuren, und die sind wild durcheinander (aber immerhin durchnummeriert).

Fazit

Insgesamt muss ich sagen, dass ich die Welt ganz interessant finde, mir aber wünschen würde, dass ausnahmslos alle Figuren verschwinden und man irgendwo nochmal neu ansetzt. Die Charaktere ruinieren leider sehr viel. Zwei von fünf Sternen.