Elian und Lira – Das wilde Herz der See

Titel: Elian und Lira – Das wilde Herz der See Originaltitel: To Kill a Kingdom
Autor: Alexandra Christo
Verlag: dtv
Erscheinungsdatum: 20. Juli 2018
Seiten: 384

Thema: Sirenen, Liebe
Genre: Romance, Fantasy
Geeignet für: Fans von Meerjungfrauen, Leser ab 14

Langrezi

„Lira ist die Tochter der Meereskönigin. Jahr für Jahr ist sie dazu verdammt, einem Prinzen das Herz zu rauben. Doch dann begeht sie einen Fehler und ihre Mutter verwandelt sie zur Strafe in die Kreatur, die sie am meisten verabscheut – einen Menschen. Und sie stellt Lira ein Ultimatum: Bring mir das Herz von Prinz Elian oder bleib für immer ein Mensch. Elian ist der Thronerbe eines mächtigen Königreichs. Doch das Meer ist der einzige Ort, an dem er sich wirklich zu Hause fühlt. Er macht Jagd auf Sirenen, vor allem auf die eine, die so vielen Prinzen bereits das Leben genommen hat. Als er eines Tages eine junge Frau aus dem Ozean fischt, ahnt er zunächst nicht, wen er da an Bord geholt hat. Bald wird aus Misstrauen jedoch Leidenschaft und das Unerwartete geschieht – die beiden verlieben sich ineinander.“

Rezi

In „Das wilde Herz der See“ (toller Titel by the way) geht es zum einen um den Seefahrer Elian, der zufällig auch Prinz von einem reichen Land ist, in dem irgendwie alles aus Gold ist. Elian hadert mit seiner Identität und möchte viel lieber auf seinem Schiff durch die Welt reisen – und Sirenen töten.
Lira ist eine solche Sirene. Sie raubt jedes Jahr ein Herz eines Prinzen und erhält so Macht (wie genau, wissen wir nicht, wird nur ein einziges Mal angesprochen). Sie muss die Herzen holen, weil ihre Mutter die Meereskönigin ist und das aus irgendeinem Grund will. Alle unterm Meer sind grausam und kennen keine Liebe, ein Credo, von dem uns Lira viel erzählt, dabei offenbart sie sehr schnell, dass sie für ihre Cousine sehr wohl Liebe empfindet.
Wegen irgendeiner Nichtigkeit wird Lira von Muddi in einen Menschen verwandelt und landet natürlich genau bei Elian, der trotz seiner Sirenenmörder-Vollzeitstelle nicht erkennt, wen er vor sich hat. Und dann beginnt eine plot- und motivationstechnisch zweifelhafte Reise nach einem Artefakt, um den Krieg zwischen den Rassen zu beenden bzw. um sie alle auszulöschen, da sind sich die Charaktere zwischendurch nicht so sicher.
Schon in meiner Kurzrezi auf Instagram habe ich geschrieben, dass das Buch auf unschöne Weise jugendbuchig ist, und das meine ich auch genauso (qualitativ) abwertend, wie es vielleicht klingt. Keine Zweifel: Die Idee hat Potential. Arielle in düster. Und doch.
Es ist nicht genau das, was passiert, was so schlecht ist, sondern wie es erzählt wird. Zum Beispiel ignoriert die Autorin ein ganz wesentliches Merkmal des Schreibens: Show, don’t tell. Heißt, wenn Charaktere liebevoll sind, dann schreiben wir nicht: „Sie ist liebevoll“, sondern wir zeigen es, indem wir sie liebevoll handeln lassen. In diesem Buch gibt es so etwas nicht. Neben wirklich extrem viel Infodropping (gerade zu Beginn, ein weiteres No-go) erklärt jeder Charakter in einem inneren Monolog, warum er dies und das jetzt getan hat. Jede noch so bescheuerte Handlung wird reflektiert, ob jemand nun etwas Wichtiges getan hat oder nur in die Sterne geguckt hat. Das empfand ich als unglaublich störend und langweilig zu lesen. Gleichzeitig war der Stil sehr einfach, extrem viele Hauptsätze hintereinander, die einen nicht richtig in den Fluss kommen lassen.
Beide Hauptcharaktere empfand ich als platt und 08 15. Elian ist das klassische Beispiel eines Rebellen: Ich will meine Rolle nicht (Prinz) und lieber was anderes machen. Gleichzeitig bin ich ein Mörder und skrupellos. Gleichzeitig auch wieder nicht. Ich bin außerdem Pirat, auch wenn ich im Buch wirklich nie etwas Piratiges mache, und es angesichts meiner Prinzenrolle vielleicht politisch unklug wäre, wirklich ein Pirat zu sein. Aber hey.
Lira ist das typische Bild von: Will grausam sein, kann es aber irgendwie nicht, bin ein bisschen edgy, weil das Trend ist, aber auch nicht richtig interessant. Bella Swan mit einem Aggressionsproblem.
Alle weiteren Charaktere sind platt wie eine Flunder, sie haben meistens genau zwei Eigenschaften, und die werden uns so oft um die Ohren gehauen, damit wir sie auch ja nicht vergessen. Madrid zum Beispiel war eine Sklavin und ist jetzt ein wirklich guter Mensch. Ihre Moral ist toll. Sie hat eine tolle Moral. Habe ich schon erwähnt, wie gut ihre Moral ist? IHRE MORAL IST TOLL!!!1
Aber so wirklich etwas für diese Einschätzung tun… das ist leider nicht drin. Alles, von Charakteren bis zum Plot, wird sehr oberflächlich gehalten. Politisch betrachtet empfinde ich 100 Königreiche als ein Pulverfass, aber das scheint die Autorin nicht so zu sehen. Jedes Königreich hat irgendwas Besonderes und natürlich einen Strich überm Vokal des Namens, denn sonst wäre es nicht Fantasy genug (und jugendbuchig).
Ich habe auch den Fehler gemacht und das Buch zu ernst genommen. Ich glaube, es sieht sich eher als Märchen, aber das empfand ich beim Lesen nicht so, deswegen erschien mir eine gewisse Märchenhaftigkeit dann und wann als sehr albern. Die Magie zum Beispiel, die erst so richtig am Ende auftaucht und zu der es nie Erklärungen gibt. Das Verhältnis von Magie und Technik. Wieso es nur ein verdammtes Land gibt, in dem es scheinbar Erfinder gibt. Ach.
Richtig doll genervt haben mich die altklugen Kommentare der Protagonisten, wenn sie etwas geplant haben und dann vermeintlich alle austricksen. Dann bekommen wir natürlich den inneren Monolog, der uns sagt: Aber natürlich habe ich XY noch nicht die Wahrheit gesagt, und deshalb werden wir die Welt jetzt doch retten!
Ich wünschte, ich übertreibe, aber nein. Auch solche Twists werden erklärt, auch wenn die Twists (wie beim Endkampf) null Sinn ergeben oder einfach dermaßen kitschig sind (hallo, Endkampf), dass man sich innerlich übergibt. Auch das Ende trieft nur so vor Kitsch. 
Mich regt an dem Buch tatsächlich am meisten auf, wie viel Lob es von allen Seiten bekommt. Das hat sich das Buch meiner Meinung nach nicht verdient. Die Grundidee ist okay, der Schreibstil wirklich nicht gut, und die Art, wie die Geschichte erzählt wird, extrem ausbaufähig. Ich weiß, dass ich altersgemäß nicht mehr zur Zielgruppe gehöre, aber ich kann auch nicht ständig alles Negative damit rechtfertigen. Es ist einfach kein gutes Buch. Es ist eine gute Grundlage, um mit einem ordentlichen Lektorat daraus ein gutes Buch zu machen, aber mehr leider nicht. Ich habe mir eine düstere, erwachsenere Story vorgestellt, eine, die wirklich kalt ist, ohne es nur vorzugeben. Da ich Sirenen an sich sowieso toll finde, bin ich daher maßlos enttäuscht von der Geschichte.

Fazit

Ich gebe „Das wilde Herz der See“ 1,5 von 5 Sternen. Fürs hübsche Cover, das ist nämlich schon ein Hingucker, und für den schönen Titel. Vom Rest sollte man sich eher fernhalten.

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