Das finstere Tal

Titel: Das finstere Tal
Autor: Thomas Willmann
Verlag: Ullstein
Erscheinungsdatum: 19. Juli 2010
Seiten: 315

Thema: Rache, Geheimnis, historische Fiktion
Genre: Thriller

Klappentext

„Ein abgeschiedenes Hochtal in den Alpen, kurz vor Winterbeginn. Ein Fremder kommt mit seinem Maultier ins Dorf und bittet um Quartier. Die Bewohner sind misstrauisch, lassen sich aber von seinem Gold überzeugen. Nach einiger Zeit gewöhnen sie sich an den Fremden. Dann schneidet der erste Schnee das Tal von der Außenwelt ab, und es gibt einen Toten, kurz darauf einen zweiten. Und das ist erst der Anfang. Eine unaufhaltsame Geschichte von Liebe und Hass, Schuld und Vergeltung nimmt ihren Lauf.

Achtung! In der Rezi finden sich Spoiler. Wenn du also die Geschichte noch lesen möchtest und dich dabei jede Wendung voll treffen soll, lies besser nicht weiter.

Langrezi

Das Buch ist ein gutes Beispiel dafür, dass eine Geschichte mehr durch die Art des Erzählens als durch den Inhalt selbst überzeugen kann. Denn der ist mit dem Klappentext tatsächlich ganz gut zusammengefasst; ein Fremder namens Greider kommt in ein abgeschiedenes Dorf in den Bergen und gibt an, dort Malen zu wollen. Die Dorfbewohner, von denen die meisten seit vielen Jahren keine Seele mehr gesehen haben, die nicht in dem Tal lebt, sind davon zunächst wenig begeistert, aber großzügige Bezahlung wirkt auch dort als guter Ansporn, die Meinung noch einmal zu überdenken. Greider darf erst einmal bleiben und bei der Gaderin, einer Witwe, und ihrer Tochter Luzi leben – unter der Bedingung, sich dort nützlich zu machen. Irgendwann setzt der Winter ein, und die Wege aus dem Tal hinaus sind bis zum Frühling versperrt. Das ist das Startsignal für das eigentliche Ziel Greiders: blutige Rache. Zwar gibt es auch in dem Buch Überraschendes, der Grundplot ist davon aber weitgehend ausgenommen. Bei Greiders Beweggründen ist ein überraschtes Hochziehen der Augenbrauen schon eher möglich, das Ganze vermag letztendlich auch durchaus zu schockieren.

Die Art und Weise, wie der Racheengel vorgeht, ist zwar ganz nett, aber frei von Innovationen. Wodurch „Das finstere Tal“ dann aber doch überzeugen kann, ist eben die Erzählweise. Die Geschichte wird ruhig aufgezogen und passt sich damit dem Inhalt ideal an – mit viel Liebe zum Detail. Gerade bei Greiders Streifzügen, bei denen er sich auf die Suche nach neuen Motiven für seine Bilder begibt, wird das deutlich. Die vermeintliche Idylle des verwunschenden Tals bekommt so auf geschickte Art einige Risse. Die Sprache ist der Zeit angepasst, ohne zu sperrig zu wirken. Eine kleine Ausnahme sind die Dialoge, die sich sehr am süddeutschen/österreichischen Dialekt orientieren. Aber wahnsinnig viel gesprochen wird sowieso nicht, die Entschleunigung der Geschichte macht sich auch da bemerkbar.

Charaktere

Mit den meisten Charakteren bin ich nicht sonderlich warm geworden, was aber wohl durchaus so beabsichtigt ist. Der Protagonist gibt nur sehr wenig von sich preis, die Dorfbewohner sind einfache, misstrauische und fantasielose Menschen, deren Arbeit und eine gewisse Gottesfürchtigkeit der einzige Lebensinhalt sind. Eine Ausnahme bilden Luzi und Lukas, das junge Liebespaar, das mit seiner naiven jugendlichen Verliebtheit tatsächlich belebend für die Geschichte wirkt. Dankenswerterweise liegt die Funktion der beiden aber nicht nur darin, für Zerstreuung zu sorgen, die Liebesgeschichte treibt die Erzählung auch ein wenig voran. Aber auch, wenn praktisch keine der Figuren einen Sympathie-Preis gewinnen würde, wirkt jeder Charakter bewusst gestaltet. Also keine literarischen Kollateralschäden.

Fazit

Das Buch, seinerzeit immerhin auch ein Gast auf der Spiegel-Bestseller-Liste, ist durchaus unterhaltend und für Freunde schöner Arbeit mit der deutschen Sprache auf jeden Fall zu empfehlen. Und auch, wer einfach nur einen netten Thriller in ungewohntem Ambiente haben möchte, wird sicher nicht enttäuscht. Nur das Rad wird eben nicht neu erfunden. Ich gebe drei von fünf Sternen.

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